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Als Knecht neidisch nebenher gelaufen - jetzt König der Traktoren

Im Rentenalter erwachte das Sammelfieber - Wigg Iretzberger hat fast 50 Modelle in seinen Hallen - Viel Arbeit in die Restaurierung gesteckt

von Stefanie Krivian
Hebertsfelden. Der alte Kögel aus dem Jahr 1950 schnaubt und raucht nach dem Anlassen. Ganz so als ob er dagegen protestieren wollte, dass er aus seinem wohlverdienten Ruhestand gerissen wird. Er ist Teil einer ungewöhnlichen Privatsammlung von Traktoren. Für einen Arbeitseinsatz muss das Schmuckstück nicht mehr aufs Feld. Die alten Landmaschinen bei Wigg Iretzberger werden höchstens noch für eine Bewegungsfahrt aus der Garage geholt. Iretzberger, Jahrgang 1937, wohnt in Sandberg. Dort hat er in den letzten Jahren fast so etwas wie ein kleines Bulldog-Museum geschaffen. In drei Hallen stehen an die 50 Fahrzeuge, 28 verschiedene Marken.
Die Leidenschaft für Traktoren entbrannte bei Iretzberger bereits im jugendlichen Alter. Da war er Knecht auf einem Bauernhof. "Der Führerschein hat damals 16 Mark gekostet. Und das bei einem Monatslohn von 15 Mark", erinnert er sich. Aber auch als er den Bulldogführerschein endlich in der Tasche hatte, durfte er nicht allzu oft mit den damals neumodernen Geräten fahren. "Damit sind meistens der Bauer oder seine Söhne unterwegs gewesen. Mir blieb meistens nur das Pferdegespann." Große Augen bekam er damals, als die Bauern im Winter in Kaysmühle ihr Holz ablieferten. "Da haben wir uns auch schon mal Streiche erlaubt. Manchmal haben wir einfach den Rohölhahn zugedreht. Nach ein paar Metern ging nichts mehr."
Als Iretzberger 1998 in Rente ging, begann auch die Sammelleidenschaft des gelernten Schlossers. Der erste Traktor war ein 20-er Cormic aus Kaysmühl, mit dem er früher noch selbst gefahren ist. "Das gute Stück war eigentlich gar nicht mehr zu erkennen", meint Iretzberger. "Der war voll mit Hühnerdreck." Nachdem dieser wieder auf Vordermann gebracht worden war, ging es ziemlich schnell. In kürzester Zeit standen neun Traktoren in Sandberg. Die Garage war damit voll und so wurde 1999 die erste Halle gebaut.
Auch das erweiterte Areal reichte nicht lange aus. So kamen den Jahren 2002 und 2003 erneut zwei Anbauten dazu. "Wenn man einmal bekannt ist, dann kommen die Bauern ganz von selber auf einen zu und fragen, ob man nicht Interesse an einem alten Bulldog hätte", erklärt Ireztberger den rasanten "Familienzuwachs".


Schrott kauft er nicht


Die Traktoren, die Iretzberger kauft, müssen noch laufen. Fällige Reparaturen erledigt er selbst oder lässt sie in einer Werkstatt machen. Zuerst wird alles abgebaut, was geht. Danach wird der Traktor einer sorgfältigen Reinigung unterzogen. Hauptsächlich müssen Lichter, Kotflügel, Kabel und Bremsbeläge erneuert werden. Auch die Vorderreifen der meisten Fahrzeuge tun's meist nicht mehr. Die seien zu 90 Prozent total abgefahren, so Iretzberger weiter. Sogar die Lackierarbeiten erledigt er selbst.
Bei den Reparaturen legt er aber keinen Wert auf originale Ersatzteile. Diese seien zwar leicht erhältlich, aber meistens unerschwinglich. Deshalb wird schon einmal ein Deutzkolben in einen Röhr Bulldog eingebaut.
Eine Ausnahme ist der 1940-er Diesel Roß. Der zieht zwar nicht mehr, "ist aber sehr selten. Deshalb hab ich ihn genommen."
Denn auf seltene Modelle hat es Iretzberger abgesehen. Es kommt ihm vor allem darauf an, eine große Vielfalt von Marken zu haben. "Natürlich habe ich auch Lanz. Danach wird man als Sammler immer zuerst gefragt." Am Mythos des Lanz komme man einfach nicht vorbei. Dabei war er nach dem Kauf des Lanz gar nicht so glücklich. "Der hat nur drei Gänge und macht nur 6 km/h. Aber mei, ich bin halt kein Experte, sondern nur ein großer Liebhaber", gibt er sich bescheiden.
Um an echte Raritäten zu kommen, ist ihm dabei kein Weg zu weit. Seltene Modelle wie Holder oder Bautz hat er teilweise aus dem bayerischen Wald geholt.
Die Traktoren haben hauptsächlich Sammlerwert. Doch wenn die alten Schnauferl einmal restauriert sind, dann seien sie ungefähr das Doppelte vom Einkaufspreis wert. Trotzdem handelt er nicht mit den Fahrzeugen. "Ich gebe höchstens mal einen her, den ich zweimal habe. Schließlich steckt in den meisten monatelange Arbeit." In dieser Zeit wachsen ihm die Gefährte dann natürlich ans Herz.
Seine Frau war von dem arbeits- und kostenintensiven Hobby ihres Mannes anfangs gar nicht begeistert. Inzwischen ist sie aber stolz auf den Fuhrpark. "Wenn Gäste kommen, dann zeigt sie ihnen erst einmal die neuesten Traktoren", verrät Iretzberger.
Mindestens zweimal im Jahr müssen die Traktoren laufen. Deshalb unternimmt Iretzberger auch Ausflüge mit dem Bulldog-Club Rottal-Inn, dessen zweiter Vorstand er ist. Da werden dann nicht nur Tagesfahrten unternommen, sondern mal Ausflüge, die drei Tage dauern. Der Club präsentiert seine Traktoren auch auf Treffen oder Volksfesten.
Trotzdem ließen sich kleinere Standschäden nicht vermeiden. "Da hat mal einer einen Platten, die Kupplung versagt oder sie erwischen kein Rohöl mehr", zählt Iretzberger die kleinen Wehwehchen auf. So hat der Rentner immer was zu tun und wird auch in Zukunft seine komplette Freizeit den Traktoren widmen.


Manches fehlt noch


Eigentlich will er sich ja keine neuen Modelle mehr zulegen. Doch wer den Wigg kennt, der mag ihm das nicht so richtig glauben. Schließlich ist sein Fuhrpark ja auch noch nicht komplett. "Die Marken Stock, Primus und Alpenland Sendlinger fehlen mir schon noch", räumt er ein. "Wenn mir so einer angeboten würde, dann müsste ich natürlich zuschlagen."

 
LOKALTEIL EGGENFELDEN  vom 08.10.2003